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Einführung: Händler als Hersteller?
Die Unterscheidung zwischen einem Hersteller und einem Händler scheint auf den ersten Blick eindeutig: Der Hersteller produziert ein Produkt, während der Händler es vertreibt. Doch rechtlich gesehen kann ein Händler unter bestimmten Bedingungen als Hersteller gelten. Dies geschieht beispielsweise, wenn er ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner Marke verkauft oder wenn kein verantwortlicher Hersteller mehr existiert.
Für betroffene Unternehmen stellt sich dabei die Frage: Ist es irreführend, sich als Hersteller zu bezeichnen, obwohl man das Produkt nicht selbst produziert hat? Die Antwort liefert ein Urteil des Landgerichts Kaiserslautern, das Klarheit in diese komplexe Thematik bringt.
Das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern
Am 27. September 2024 entschied das Landgericht Kaiserslautern (Az.: HK O 15/23), dass die Bezeichnung als Hersteller nicht irreführend ist, solange ein Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.
Konkret ging es um einen Fall, in dem ein Unternehmen sich in der Werbung und auf seinen Produkten als „Hersteller“ bezeichnete, obwohl es die Produktion an einen Dritten ausgelagert hatte. Das Gericht stellte fest, dass dies keine Irreführung darstellt, sofern die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Händler, die nach den Vorschriften als Hersteller eingestuft werden, sind also berechtigt – oder sogar verpflichtet – sich als solche zu deklarieren.
Allerdings betonte das Gericht auch, dass mit dieser Bezeichnung erhebliche Verpflichtungen einhergehen. Händler, die als Hersteller gelten, müssen sämtliche Pflichten übernehmen, die mit dieser Rolle verbunden sind. Dazu gehören unter anderem Produkthaftung, Sicherheitsstandards sowie die Bereitstellung technischer Dokumentationen.
Die Bedeutung des EuGH-Urteils zur Herstellerrolle
Zusätzlich zu diesem nationalen Urteil erging am 19. Dezember 2024 ein bedeutendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-157/23 (Ford Italia).
Der EuGH entschied, dass ein Unternehmen, das seinen Namen oder ein anderes Erkennungszeichen auf einem Produkt anbringt oder mit einer Marke in Verbindung gebracht wird, ebenfalls wie ein Hersteller haften kann. Diese Regelung soll verhindern, dass Verbraucher durch unklare Herstellerangaben schlechter geschützt werden.
Besonders für Unternehmen, die White-Label-Produkte verkaufen – also Produkte, die von einem anderen Hersteller produziert, aber unter einer eigenen Marke vertrieben werden – hat dieses Urteil große Bedeutung. Händler müssen sicherstellen, dass ihre Produkte allen rechtlichen Vorgaben entsprechen, da sie die Verantwortung für Sicherheit und Konformität tragen.
Konsequenzen für Händler und Online-Shops
Für Händler, insbesondere im Online-Handel, bedeutet diese Rechtslage eine erhöhte Verantwortung. Unternehmen müssen genau prüfen, ob sie nach den geltenden Vorschriften als Hersteller gelten. Ist dies der Fall, müssen sie nicht nur eine korrekte Kennzeichnung vornehmen, sondern auch sämtliche Herstellerpflichten erfüllen.
Zu diesen Pflichten gehören:
- Produkthaftung: Händler haften wie Hersteller für Mängel und Schäden, die durch das Produkt entstehen.
- Technische Dokumentation: Alle relevanten Unterlagen zu Sicherheit, Konformität und Produktionsstandards müssen vorhanden sein.
- Einhaltung von Sicherheitsvorschriften: Händler müssen sicherstellen, dass ihre Produkte den geltenden Normen und Vorschriften entsprechen.
Um Abmahnungen oder rechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollten Online-Händler und Importeure besonders darauf achten, welche Rolle sie rechtlich einnehmen und welche Verpflichtungen damit einhergehen.
Fazit
Das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern stellt klar, dass die Bezeichnung als Hersteller nicht automatisch eine Irreführung darstellt. Vielmehr kann es für Händler, die Produkte unter eigenem Namen oder Marke vertreiben, eine Pflicht sein, sich als Hersteller auszugeben.
Gleichzeitig hat das EuGH-Urteil verdeutlicht, dass Händler, die ihren Namen oder ihre Marke auf einem Produkt anbringen, auch für dessen Sicherheit und Konformität haften.
Unternehmen sollten daher genau prüfen, ob sie nach den geltenden Vorschriften als Hersteller gelten. Ist dies der Fall, müssen sie sich ihrer Verantwortung bewusst sein und sicherstellen, dass alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Eine genaue Analyse und die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen sind entscheidend, um rechtliche Probleme und Haftungsrisiken zu vermeiden.
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